5 Gedichte von Robert Walser aus „Das Leben“ vertont von Kurt Schwertsik
Samstag, 30.Juni soundtour panketal mobile II
ca. 17:30 Uhr Unterwaldenstraße 45 Atelier Rose Schulze
Ein Landschäftchen
Dort steht ein Bäumlein im Wiesengrund und noch viele artige Bäumlein dazu. Ein Blättlein friert im frostigen Wind und noch viele einzelne Blättlein dazu. Ein Häuflein Schnee schimmert an Baches Rand und noch viele weisse Häuflein dazu. Ein Spitzlein Berg lacht in den Grund hinein und noch viele schuftige Spitze dazu. Und in dem allem der Teufel steht und noch viele arme Teufel dazu. Ein Englein kehrt ab sein weinend Gesicht und alle Engel des Himmels dazu.
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Weiter
Ich wollte stehen bleiben, es trieb mich wieder weiter, vorbei an schwarzen Bäumen, doch unter schwarzen Bäumen, wollt’ ich schnell stehen bleiben, es trieb mich wieder weiter, vorbei an grünen Wiesen, doch an den grünen Wiesen, wollt’ ich nur stehen bleiben, es trieb mich wieder weiter, vorbei an armen Häuschen, bei einem dieser Häuschen, möcht’ ich doch stehen bleiben, betrachtend seine Armut, und wie sein Rauch gemächlich zum Himmel steigt, ich möchte jetzt lange stehen bleiben. Dies sagte ich und lachte, das Grün der Wiesen lachte der Rauch stieg räuchlich lächelnd, es trieb mich wieder weiter.
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Vor Schlafengehen
Da sich’s doch wieder erfüllte, da die Erde im schwärzsten Ruhn, will ich nichts weiter tun, als die tagüber verhüllte Sehnsucht freudig öffnen nun.
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Trug
Nun wieder müde Hände, nun wieder müde Beine, ein Dunkel ohne Ende, ich lache, daß die Wände sich drehen, doch dies eine ist Lüge, denn ich weine.
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Bierszene
Eine scherzte mit der Kellnerin. Einer stützte müde seinen Kopf. Einer spielte seelenvoll Klavier. Einem brach das Lachen aus dem Mund. Einem schoß das Dunkel durch den Traum. Einem gab die harte Taste nach. Einmal lief das schlanke Mädchen fort. Einmal fuhr der blöde Träumer auf. Einmal war das Spiel ein englisch Lied. Ein verbuhlter Schwätzer, Tabakrauch, ein erwachter Träumer, und ein Traum, ein ermüdeter Klaviervirtuos.
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Texte als Inspirationsquelle
Donnerstag, 28. Juni 21 Uhr
Die Lange Nacht davor Pei-Yu Shi
Fall ab, Herz
Fall ab, Herz vom Baum der Zeit, fallt, ihr Blätter, aus den erkalteten Ästen, die einst die Sonne umarmt', fallt, wie Tränen fallen aus dem geweiteten Aug! Fliegt noch die Locke taglang im Wind um des Landgotts gebräunte Stirn, unter dem Hemd preßt die Faust schon die klaffende Wunde.
Drum sei hart, wenn der zarte Rücken der Wolken sich dir einmal noch beugt, nimm es für nichts, wenn der Hymettos die Waben noch einmal dir füllt.
Denn wenig gilt dem Landmann ein Halm in der Dürre, wenig ein Sommer vor unserem großen Geschlecht. Und was bezeugt schon dein Herz? Zwischen gestern und morgen schwingt es, lautlos und fremd, und was es schlägt, ist schon sein Fall aus der Zeit.
Freitag, 29. Juni 20 Uhr
Eröffnungskonzert - Diagonale I Olga Rajewa
Das Segel von M.Ju. Lermontow (Übersetzt von: Heinrich Greif)
Wo Meer und Himmel sich vereinen, Erglänzt ein Segel, weiß und weit - Was trieb es aus dem Land der Seinen? Was sucht es in der Einsamkeit?
Es pfeift der Wind. Die Wellen drohen. Es knarrt der Mast. Das Segel schwebt Nicht vor dem Glück ist es geflohen. Es ist nicht Glück, wonach es strebt.
Strahlt auch in Gold der Himmelsbogen, Und glänzt auch noch so blau das Meer - Das Segel lechzt nach Sturm und Wogen, Als ob in Stürmen Ruhe wär.
Freitag 29. Juni 22 Uhr
III. Zepernicker Liederbuch – Teil I Caspar de Gelmeni
Durcheinander von Erich Fried
Sich lieben in einer Zeit in der Menschen einander töten mit immer besseren Waffen und einander verhungern lassen Und wissen daß man wenig dagegen tun kann und versuchen nicht stumpf zu werden Und doch sich lieben Sich lieben und einander verhungern lassen Sich lieben und wissen daß man wenig dagegen tun kann Sich lieben und versuchen nicht stumpf zu werden Sich lieben und mit der Zeit einander töten Und doch sich lieben mit immer besseren Waffen
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